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Bauernproteste, Subventionen und das große Höfesterben

Aktualisiert: vor 1 Tag


Bauernproteste, Subventionen und das große Höfesterben

Alle sprechen vom Bauernprotest und Höfesterben, aber kaum einen interessieren die wahren Gründe dafür. Es wird derzeit viel Theater für „Kleinigkeiten“ wie den Agrardiesel gemacht, aber in der Ferne lauern viel größere Probleme die gänzlich ausgeblendet werden vor lauter Wut.


Das wohl größte Problem für viele deutsche Landwirte ist mit Abstand das Mercosur Abkommen. Ich befürchte, dass diese Regierung, so wie auch die Vorgängerregierung, das Projekt vorantreiben wird. Vielleicht sogar aus Trotz, jetzt wo trotz Rücknahme der Subventionsstreichung weiter an Protesten festgehalten wird. Das Mercosur Abkommen sieht vor das wir mehr Fleisch und Soja aus Südamerika erhalten und diese im Gegenzug Pestizide und Autos mit Steuervergünstigungen von uns beziehen. Was das für unsere Landwirte bedeuten würde fragt ihr sie am besten selbst, ihr werdet sehen das dieses Thema ein wesentlich höheres Potential hat Höfe sterben zu lassen als es der Agrardiesel könnte.


In den sozialen Netzwerken drohen nun einige Verbraucher damit das man nun lieber Import Gemüse kauft und regionale Hofläden meiden wird. Die Landwirte haben also nicht den vollen Rückhalt der Bevölkerung, verständlich, denn es gibt einige Gruppierungen die diese Proteste für Propaganda instrumentalisieren und sich einen Umsturz herbeisehnen. Es gibt auch kein Verständnis, weil sich einige Landwirte falsch benehmen, radikale Dinge machen oder sagen. Wieder andere haben kein Verständnis, weil die Pläne der Regierung ja fast gänzlich gestrichen wurden, aber an den Protesten festgehalten wird. Da fragen sich einige was denn nun die Forderungen für diese Proteste sein sollen?


Diese ganze Entwicklung scheint aus dem Ruder gelaufen zu sein, denn mehr Import oder weniger regionaler Support bringt uns in Abhängigkeit anderer Länder. Doch Corona und der Ukraine Krieg haben gezeigt wie schnell es zu gefährlichen Engpässen kommen kann. Je mehr wir importieren desto mehr stirbt die heimische Produktion, und Gnade uns Gott, wenn dann mal was passiert. Daher bin ich ein Gegner von weiteren Importprodukten die unsere Landwirtschaft belasten könnten.


Wer also darauf setzt das wir mit Import Probleme lösen, bringt uns in eine gefährliche Abhängigkeit die das Potential hat unsere Ernährungssicherheit zu gefährden. Die ganze Diskussion um Agrardiesel zeigt doch eigentlich nur eins, und zwar wie destruktiv sich Subventionen als Selbstverständlichkeit verfestigen können. Unsere Landwirte haben sich so sehr an Subventionen gewöhnt das man ihnen keine mehr streichen kann. Können wir denn ewig so weiter machen? Und wieso sind die Supermärkte eigentlich die lachenden Dritten die vom Import und Dumpingpreis profitieren? Die sollte man belasten! Schließlich fahren diese Konzerne Milliardengewinne ein auf Kosten der Bauern. Wegen denen sollten Landwirte protestieren und alles lahmlegen, damit wir Erzeuger auch irgendwann faire Preise für regionale Erzeugnisse zu sehen bekommen.


Lassen wir mal den Agrardiesel und auch Mercosur weg, hey da gibt es noch ein weiteres Problem, das Klima! Und das heizen wir alle mit an, Landwirte sogar noch etwas mehr als andere. Ich blicke zurück auf mehrere Jahre mit Sommerdürren und Starkregen. In den letzten Wochen viel bei mir in NRW sehr viel Regen und ich konnte Felder sehen die zum See geworden sind. Bereits 2023 konnten die Landwirte aufgrund zu feuchter Böden nicht auf die Felder mit ihren schweren Traktoren. Geht es diesen Winter so weiter, wird es diese Saison vielleicht noch dramatischer enden. Wieviel Ernteausfälle werden wir in den kommenden Jahren kompensieren müssen mit Steuergeldern? Keiner weiß das genau, aber ich bin mir sicher das am Ende wieder alles auf den Bürger abgewälzt wird, so wie immer, aber mit abnehmender Wirtschaft könnte das irgendwann auch problematisch werden. Es wäre also sinnvoll die Landwirte von schädlichen Subventionen zu entwöhnen damit wir uns die sinnvollen noch leisten können.

 

Blenden wir jetzt Klima und auch Mercosur aus, dann kommt mir als erstes die Jauche und Gülle Problematik in den Kopf. Die EU pocht schon sehr lange darauf das wir hier reduzieren, aber die Vorgängerregierung konnte eins am besten, Aufschieben. Erst mit der jetzigen Regierung und Cem Özdemir konnte eine teure Strafzahlung vermieden und ein Kompromiss gefunden werden. Wisst ihr was uns das gekostet hätte? 17 Millionen Euro sofort und jeden weiteren Tag eine weitere Million.


Das Kernproblem, die hohen Nitratwerte im Grundwasser sind allerdings bestehen geblieben und gefährden vollumfänglich unsere Gesundheit sobald Nitrat in unser Verdauungssystem kommt und in Nitrit umgewandelt wird. Für die Gülle Verordnung haben die Landwirte damals auch protestiert, man wollte nicht reduzieren obwohl die hohen Nitratwerte immer mehr zum Problem für alle Bürger werden. Es gibt Bundesländer und Kommunen in denen man das Grundwasser nicht mehr für den Gemüseanbau verwenden darf.  Also wie lange darf sich ein Staat von Landwirten erpressen lassen um so weiter zu machen wie es die Landwirte wollen? Und wieviel Nachteile sind tragbar für kleine Betriebe die aufgrund dieser Problematik ihren Betrieb einschränken oder gar einstellen müssen? Von den gesundheitlichen Folgen für alle Bürger ganz zu schweigen.


Als wären das nicht schon genug Probleme! Diese Landwirtschaft, in dieser Form, wie sie aktuell mit Milliardenbeträgen subventioniert wird, ist der Hauptgrund für das größte Artensterben der Geschichte! Unser Ökosystem steht auf der Kippe, immer mehr Arten sterben aus, und das ist in vielerlei Hinsicht ein echt großes Problem. Die Menschheit hat der Artenvielfalt viel zu verdanken, nicht nur Nahrung durch die Arbeit von Bestäubern, sondern viel mehr durch technologische Errungenschaften die wir der Natur zu verdanken haben. Für viele Erfindungen dient die Natur als Vorbild, viele Medikamente bauen auf Wirkstoffen auf die man in Pflanzen oder Tieren gefunden hat. Eine Reduktion der Artenvielfalt bedeutet somit indirekt auch ein geringeres wissenschaftliches Potential für neue Erfindungen mit denen wir die Probleme unserer Zeit vielleicht beseitigen könnten. Pestizide spielen hier eine riesige Rolle, schließlich sind sie genau für diese Zwecke erfunden worden, sie sollen Pflanzen oder Insekten töten, können aber keinen Unterschied zwischen Schädling und Nützling machen. Auch für eine Reduktion der Pestizide sind die Landwirte auf die Straße gegangen, bloß keine Reduktion, schön so weiter machen wie bisher. Da frage ich mich langsam wann die Bauern mal für die Interessen aller Menschen protestieren gehen?


Was wir hier sehen ist das ein Berufsstand immer mehr für schädliche Dinge bereit ist zu protestieren, und das ist echt traurig.  Ja der Bauer macht uns satt, nicht jeder, aber viele, doch wenn uns das „satt machen“ indirekt Schaden zufügt, dann sollte man mal darüber nachdenken ob es sinnvoll ist wie extrem die Landwirtschaft subventioniert wird. Bei der Debatte um den Agrardiesel wäre mir ein Kompromiss lieber gewesen. Weniger Jauche, weniger Pestizide und mehr regionale sowie saisonale Nahrung auf die man Lust hat, davon hätten alle etwas, Bürger, Landwirte und auch unser Ökosystem.


Jetzt betreibe ich selber seit 3 Jahren eine kleine Landwirtschaft, aber als Landwirt sehe ich mich dennoch nicht. In diesen drei Jahren habe ich nicht einen Cent an Subventionen erhalten, obwohl ich klimafreundlicher arbeite, keine Nitratwerte verursache, keine Pestizide oder synthetischen Dünger verwende. Ich fördere mit meinem kleinen BIO Betrieb das Bodenleben und die Artenvielfalt, aber weil zu klein eben unwichtig, obwohl ich ökologische Pionierarbeit leiste. Während der Landwirt vom Staat und den Steuergeldern der Bürger abhängig ist, sind kleine bäuerliche Betriebe wie meiner abhängig von ihren lokalen Kunden die auf regionale und saisonal Erzeugnisse setzen. Bestraft uns kleinen Erzeuger und Hofläden nicht für die Fehler der großen Landwirte, das ist meine Bitte an jene die jetzt von Boykott regionaler und saisonaler Produkte sprechen.


Mein kleiner Betrieb stand 2023 plötzlich auch vor dem Risiko unwirtschaftlich zu werden, die hohen Mehrbelastungen für Gas, Strom, Sprit und Wasser beliefen sich auf 6000 Euro die ich zusätzlich berappen musste mit einem durchschnittlichen Stundenlohn von 5-8 Euro. Als wäre das nicht genug forderte das Finanzamt dieses Jahr rückwirkend für meine ersten 2 Wirtschaftsjahre knapp 10.000 Euro, weil ich so dumm war Gewinne statt Verluste zu realisieren. Mit Mühe, Not, und einem halben Burnout konnte ich meinen jungen Betrieb retten, der Preis dafür war hoch, ich habe nun im Prinzip 3 Jahre für nichts gearbeitet und habe auch kein Polster mehr für weitere Forderungen des Staates. Ich muss auch dieses Jahr bangen um zu überleben. Landwirtschaft ist schlecht bezahlt, wenn man nicht wie die großen Landwirte von Subventionen gehalten wird.


Auch die aktuellen Solidaritätsbekundungen einiger Politiker werden morgen wieder vergessen sein, Höfe werden weiter sterben, aber nicht wegen dem Agrardiesel, sondern wegen den falschen Subventionen die einen realen Erzeugerpreis unmöglich machen. Höfe werden weiter sterben, weil immer weniger Menschen die Leidenschaft und das Durchhaltevermögen besitzen die man als Bauer benötigt! Höfe werden weiter sterben, weil dieses System von reichen für reiche gemacht wurde. Solange ein Börsenmakler, Fussballspieler oder Firmenvorstand Millionengehälter kassiert und der Bauer für 5-8 Euro die Stunde schuften soll, wird sich auch nichts ändern am Höfesterben.

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