Seit mehreren Wochen beschäftige ich mich mit der Saatgutverordnung, dem in Verkehr bringen von Saatgut, dem Zulassungsverfahren und vielen anderen Dingen die damit zusammenhängen, je mehr man erfährt, desto komplizierter wird die Welt. Auslöser für meine Recherchen war die Tatsache das viele meiner Follower auf Twitter oder Insta gerne Saatgut von meinen Tomaten haben möchten. Angefangen hat das ganze Thema mit dem Projekt: Rettung alter Gemüse & Tomatensorten. Die Fortsetzung erfolgte im Artikel: Die destruktiven Folgen des Saatgutverkehrsgesetz, der Artikel wurde innerhalb von 48 Stunden ca. 250.000 mal aufgerufen (Update 15.09. über 500.000 Leser) was mich echt beeindruckt hat. Die Anteilnahme an meinem Problem war bzw. ist gigantisch, lieben dank an dieser Stelle an alle die den Artikel geteilt haben.
Natürlich habe ich auch Lösungen gefunden um das Saatgut an euch weitergeben zu können, ich werde hier auflisten was sich alles anbietet.
Die Grauzone „Zierpflanze“ oder „Sammlerobjekte“
Von der Saatgutverordnung sind Zierpflanzen ausgeschlossen, das ist auch der Grund wieso einige Webseiten die Tomatensamen verkaufen dazuschreiben das es sich nicht um Saatgut sondern um Samen von Zierpflanzen handelt.
Wer auf seiner Webseite Saatgut schreibt macht sich strafbar und das sind einige die es so betreiben. Ungeklärt bleibt auch was passiert, wenn eingetragene Sorten als Zierpflanzen vertrieben werden und irgendwann jemand für eine dieser Sorten eine Zulassung mit Sortenschutz beantragt oder bereits besitzt. Es bleibt also eine Grauzone, mit der ich mich persönlich schlecht anfreunden kann. Je mehr auf dieses Pferd aufspringen desto höher wird das Risiko das irgendwann eine Abmahnwelle diese ganzen Shops vom Tisch räumt. Außerdem produziere ich hochwertiges ökologisches Saatgut und möchte auch das es so genannt wird, um unmissverständlich klar zu machen das meine Qualität den höchsten Standards entspricht. Da das hier sozusagen ein Trick17 ist kann man diese Samen auch nicht als BIO Saatgut bezeichnen. Ein weiteres Problem ist bei dieser „Notlösung“ das ein Gewerbe angemeldet werden muss da eine Gewinnabsicht vorliegt sobald man Samen aus Pflanzen entnimmt um sie zu verkaufen. Auch hier schlampen viele Internetseiten und wirken dadurch wenig Seriös. Auf dieses Niveau möchte ich mich nicht einlassen, es geht auch anders.
Die Zulassung einer Amateursorte beim Bundessortenamt
Eine weitere Option wäre eine Zulassung als Amateursorte, das kann man für alle Gemüsesorten beantragen die nicht in der Liste der handelbaren Sorten der EU aufgeführt ist. Jede Zulassung kostet 30 Euro pro Jahr und legitimiert den Besitzer der Zulassung das Saatgut legal in Verkehr zu bringen. Da auch hier eine Gewinnabsicht besteht, wäre auch in diesem Fall erneut ein Gewerbe notwendig.
Die derzeit einzige sinnvolle und legale Lösung:
Mit der Gründung eines landwirtschaftlichen Betriebs wird man für die Herstellung und den Vertrieb von Standardsaatgut alter Sorten legitimiert. Richtungsweisend dafür war das Kokopelli Urteil von 2012, es erlaubt Landwirten Saatgut von alten Gemüsesorten herzustellen die nicht in der Liste der handelbaren Sorten der EU stehen. Da ich allerdings keinen konventionellen landwirtschaftlichen Betrieb anmelden möchte, habe ich mich für das BIO Zertifikat entschieden. Die Zertifizierung und Kontrolle des Saatguts wird dann von einem Dienstleister wie der ABCert übernommen. Ich kann meine Samen als BIO Saatgut bezeichnen und ich muss kein Gewerbe gründen um mein Saatgut in Verkehr zu bringen. Als Landwirt darf ich meine Erzeugnisse in Direktvermarktung anbieten. :-)
Der einzige Nachteil ist das damit jährliche Kosten auf mich zukommen werden.
Am 6. September 2019 habe ich beschlossen meinen Job in der IT zu beenden und einen landwirtschaftlichen Betrieb zu gründen, das war noch vor meinem Buch und dem Ableben von Wolfgang Kreimer, sowie dem Projekt zur Rettung alter Gemüse & Tomatensorten. Abgehalten hat mich zuerst mein Buch das später erschienen ist als geplant. Als das Buch dann am 9. März erschien, war die Saison schon in den Startlöchern und die Flächen mussten angelegt werden. Zu guter Letzt funkte mir dann der Corona Virus dazwischen. Der Lockdown hat alles erschwert, die Kontrollstellen haben bis auf weiteres keine Termine mehr vergeben und so habe ich das ganze erstmal ruhen lassen. Doch wie man sieht hat mich das Schicksal wieder auf den alten Weg gebracht, mein Plan wird nach fast einem Jahr trotz vieler Umwege wieder realer als je zuvor. Ich werde ein Landwirt, diesmal nicht nur um erstklassiges Gemüse in Permakultur zu produzieren, und um zu beweisen das ich alles voll ökologisch ohne Pestizide oder mineralischen Dünger anbauen kann, nein, ich werde ein Landwirt um mich in Vollzeit um den Erhalt alter Gemüsesorten zu kümmern und somit aktiv die Verarmung unserer Biodiversität sowie Artenvielfalt bekämpfen zu können. Drückt mir die Daumen :-) heute habe ich meinen Antrag zugeschickt bekommen, jetzt wird es ernst!
P.S. Ich wäre damit der erste BIO zertifizierte landwirtschaftliche Betrieb in Korschenbroich! Hier arbeiten alle konventionell, es wird Zeit für die #Agrarwende, ich möchte damit auch ein Zeichen setzen für mehr ökologischen Mut :-)
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