Die Anzucht von Jungpflanzen ist ein Thema zu dem ich in den letzten Jahren sehr viele Fragen erhalten habe. In diesem Jahr sind es besonders viele und ich dachte mir das es zeitsparender ist einen Artikel zu schreiben um mich nicht permanent zu widerholen. Da das Thema Anzucht von Jungpflanzen recht umfangreich werden kann, wird es im Blog eine neue Kategorie geben die sich nur mit dem Thema Anzucht beschäftigen wird. Ich werde mich bemühen euch dort viele Tipps zu gezielten Kulturen wie Tomaten, Artischocken oder Auberginen zu geben. So kann ich im späteren Verlauf noch genauer auf bestimmt Kulturen eingehen, denn Anzucht ist nicht gleich Anzucht, und es gibt Kulturen bei denen man noch etwas mehr machen muss als nur einen Samen in die Erde zu stecken. Spontan fällt mir da die Süßkartoffel, Ingwer oder Kurkuma ein.
Mit oder ohne Kunstlicht?
Die Voranzucht von Jungpflanzen macht bei vielen Kulturen wie Paprika, Chili, Tomate oder Gurken definitiv Sinn, aber zuerst unterscheide ich zwischen dem Hobbyanbau ohne Kunstlicht und dem Erwerbsgemüseanbau mit Kunstlicht. Während der Hobbyanbau sehr gut auch ohne Kunstlicht praktiziert werden kann, ist für den Erwerbsanbau eine Anzuchtstation mit Kunstlicht sehr ratsam. Der Erwerbsgärtner benötigt viel größere Mengen an Jungpflanzen und so viele Südfenster wie man dafür bräuchte sind in einem normalen Haus nicht gegeben. Selbst für den Anbau als Selbstversorger benötigt man schon überdurchschnittlich viel Platz für eine ordentliche Anzucht.
Wer hingegen für seinen kleinen Hobbygarten Pflanzen nachhaltig ohne Kunstlicht vorziehen möchte benötigt bestenfalls ein schönes Südfenster und ein paar weitere Utensilien um nachhaltig seinem Hobby frönen zu können. Wer hingegen gar keine guten Fensterplätze hat muss in den meisten Fällen später im Gewächshaus anfangen oder auf Kunstlicht zurückgreifen. Mein Artikel befasst sich ausschließlich mit der Jungpflanzenanzucht ohne Kunstlicht.
Benötigtes Material für die Anzucht ohne Kunstlicht:
Saatschalen / Erdtopfpresse / Anzuchttöpfchen oder kompostierbare Anzuchttöpfchen
Drucksprüher / Gieskanne
Anzuchterde / Sand
Pikierstab
Saatgut
Bei welchen Kulturen lohnt sich die Voranzucht im Haus?
Eigentlich lässt sich so ziemlich jede Kultur vorziehen, aber ich ziehe es vor nur jene Kulturen vorzuziehen die ansonsten die Fruchtreife nicht erreichen könnten. Ein ideales Beispiel ist die Physalis, Paprika, Tomate, Kürbis, Gurke oder Aubergine, denn wenn man auf die natürliche Keimtemperatur im Freiland wartet, keimen viele erst im Mai oder im Juni. Diese Pflanzen werden wachsen, blühen, Früchte ansetzen und dann vom Frost im Herbst dahingerafft ohne dass man signifikant reife Ernten gewinnen konnte. Durch die Klimaerwärmung konnte man allerdings seit 2018 viele Kulturen länger in den Beeten wachsen lassen, weil der Herbstfrost erst sehr spät einsetzte oder ganz ausblieb. Um allerdings auf Nummer sicher zu gehen empfiehlt sich ein zeitiges vorziehen von Februar bis April. Womit wir bei einem der wichtigsten Themen der Jungpflanzenanzucht landen, dem Timing.
Wann sollte ich mit der Voranzucht starten?
Diese Frage kann gar nicht pauschal beantwortet werden, weil unheimlich viele Faktoren zu berücksichtigen sind. Als erstes ist der Standort an dem man sich befindet entscheidend, jemand der im kalten Norden lebt wird wahrscheinlich früher anfangen müssen als jene die in wärmeren Zonen gärtnern. Hier ist es notwendig selber eigene Erfahrungen zu sammeln um ein gutes Ergebnis und eine passende Routine zu entwickeln. Als nächster Faktor kommt die Kultur hinzu, langsam wachsende Kulturen wie Paprika, Chili, Physalis oder Auberginen müssen früher vorgezogen werden als schnell wachsende Kulturen wie Tomaten. Nehmen wir Tomaten und Paprika als Beispiel so liegen bei mir gut 6 Wochen zwischen der Anzucht von Paprika und der Anzucht von Tomaten. Als praktisches Beispiel, ich starte mit Paprika genau am 15. Februar mit der ersten Charge und 3 Wochen später kommt eine zweite Charge als Absicherung dazu. Tomaten starte ich zwischen dem 15. Und 30. März. Eine zweite Charge Tomaten wird zwischen dem 01. - 15. April gestartet. Ich arbeite bei diesen zwei Kulturen im Doppelchargensystem, das heißt ich pflanze zeitversetzt. Das hat den Vorteil das jene Pflanzen mit Vorsprung eher ins überdachte Freiland und die kleineren im wärmeren Gewächshaus untergebracht werden. Durch diese Technik gleicht man im späteren Verlauf die Unterschiede wieder aus. Zudem kann ich mir mit dieser Technik die besten und stärksten Exemplare heraussuchen.
Tabelle mit meinen Anzucht Terminen für meinen Standort / ohne Kunstlicht – mit Südfenster
(Korschenbroich 47m über Normalnull bei 20 Grad Zimmertemperatur – 48% Luftfeuchtigkeit)
Kultur | Zeitraum |
Zwiebelsamen | ab 15. Januar - 15. Februar |
Kohlrabi | ab 01. Februar - 01. März |
Kurkuma & Ingwer | ab. 01. Februar - 01. März |
Physalis | ab. 01. Februar - 01. März |
Chili | ab. 01. Februar - 01. März |
Paprika | ab. 15. Februar - 15. März |
Aubergine | ab. 15. Februar - 15. März |
Süßkartoffel | ab. 01. März - 01. April |
Rotkohl / Weißkohl / Brokkoli | ab. 01. März - 01. April |
Tomaten | ab. 15. März - 15. April |
Mangold | ab. 15. März - 15. April |
Gurken | ab. 01. April - 01. Mai |
Kräuter wie Oregano | ab. 01. April - 01. Juni |
Zucchini | ab 15. April - 15. Mai |
Kürbis | ab. 01. Mai - 15. Mai |
Melone | ab. 01. Mai - 15. Mai |
Bohnen | ab 10. Mai - 01. Juni |
Abschnitt aus meinem Buch:Vorziehen von Sämlingen S. 73 - 75
Das Vorziehen von Sämlingen ist für einige Kulturen besonders wichtig. Ich habe in den letzten Jahren immer zeitversetzt gearbeitet um zu verstehen, welches Timing die besten Ergebnisse liefert. Zu spätes Vorziehen hatte bei einigen Kulturen dazu geführt, dass ich keine reifen Früchte ernten konnte, das ist bei der Physalis zum Beispiel der Fall gewesen. Zu frühes Vorziehen von schnell wachsenden Tomaten hingegen kann zu vergeilten Tomaten führen, die lang und dünn werden. Solche Pflanzen sind anfällig für Folgeerkrankungen und können den Spaß im Garten extrem reduzieren. Man züchtet sich Pflegefälle heran, die oftmals minderwertige Erträge in Aussicht stellen. Natürlich werden auch solche Pflanzen Erträge liefern, insofern es nicht zu schlimm ist, die Natur verzeiht uns oftmals so einige Fehler. Man sollte also alles zur richtigen Zeit vorziehen, das ist wiederum vom eigenen Standort und der jeweiligen Klimazone abhängig.
Wer im hohen Norden lebt, muss natürlich anders arbeiten als ich im am verwöhnten Niederrhein, wo mildere Temperaturen herrschen. Die wichtigste Frage die man sich hier stellen muss ist Folgende: „Wie lange kannst Du die Pflänzchen in einem Töpfchen gefangen halten ohne dass Mangelerscheinungen und Blockaden die Folge sein werden.“ Meine Erfahrungen haben gezeigt, dass die Verweildauer sehr wichtig für die nachfolgende Entwicklung ist. Verweilen die Pflanzen zu lange in engen Gefäßen bleiben sie später in der Entwicklung zurück. Sollten die Lichtverhältnisse zudem schlecht sein, können vorgezogene Pflanzen sich minderwertig entwickeln.
Hier nun ein paar praktische Beispiele: Physalis die man erst im April vorzieht schaffen es oftmals nicht bis zur Reife, die Früchte bleiben grün und mit dem ersten Frost ist Feierabend, sollte der Frost später kommen stehen die Chancen auf eine minimale Ernte im Oktober / November gut. Zieht man Physalis bereits frühzeitig (Mitte Februar) wird man vor dem Frost mit massig reifen Beeren belohnt. Die Prozedur gilt auch für Chilis, Auberginen oder Paprika. Für Tomaten hingegen habe ich persönlich die besten Erfahrungen gemacht, wenn ich diese Mitte März erst vorziehe. Nach 14-21 Tagen kommen die Sämlinge von der Schale in kleine Töpfchen, da bleiben sie exakt 4 Wochen und werden am 1. Mai ins Gewächshaus gepflanzt. Jene, die im Freiland stehen sollen bekommen zu diesem Zeitpunkt bereits die erste Brennnesseljauche im Töpfchen und werden am 15. Mai ausgepflanzt. Kürbisse oder Melonen bilden sehr schnell Wurzeln die in die Tiefe wandern möchten, sie mögen es nicht, wenn man sie oft umtopft oder in zu engen Töpfen hält. Für Kürbisgewächse hat sich bei mir der Zeitraum Mitte April ideal bewährt. Exakt nach 14 Tagen kommen die jungen Melonen oder Kürbisse am ersten Mai ins Freiland und dort spendiere ich den Pflänzchen einen kleinen mobilen Folientunnel um vor möglichem Frost zu schützen. Ab dem 1. Juni wird der Folientunnel abgebaut, damit die Bestäuber ihr Werk ohne Hindernisse verrichten können. Bohnen und Mais mögen es warm, vor Mitte Mai sollten diese nicht ausgesät oder in Töpfchen vorgezogen werden. Die früheste Kultur die ich bei mir vorziehe sind Zwiebeln - vom Samen versteht sich, die kann man bereits ab Januar vorziehen, weil sie sehr lange brauchen. Bei Zwiebeln muss man sich allerdings nicht wundern, wenn die Keimquote und Überlebenschance nach einigen Wochen nur noch bei 50% liegen, das ist ohne Heizmatten und Lampen eher der Standard. Den Stress sollte man sich auch nur antun, wenn man so wie ich alte Sorten erhalten will. Für Anfänger empfehle ich die gängigen Steckzwiebeln, diese stecke ich von Mitte Februar bis Anfang März direkt ins Freiland, unkompliziert und gut. Die Lagerfähigkeit der Zwiebeln die ich vom Samen gezogen habe ist allerdings besser, sie halten mindestens 6 Wochen länger als Zwiebeln die ich über Steckzwiebeln gewonnen habe. Von der Größe her bleiben die selbst gezogenen Zwiebeln allerdings um gute 20% zurück und sind somit kleiner. Damit Ihr das perfekte Timing für eure Klimazone und euren Standort definieren könnt ist es ratsam sich den Tag zu notieren, an dem ihr den Samen gesetzt habt, ab wann der Keimling zu sehen ist und wann er ins Freiland gepflanzt wurde. Nach drei Jahren und versetzten Zeiträumen von ca. 2 Wochen pro Jahr werdet Ihr genau wissen, wie ihr vorzugehen habt.
Geeignete Gefäße für die Anzucht
Ich habe für die Anzucht meiner Jungpflanzen so ziemlich alles ausprobiert was es gibt, alle Methoden haben Vor und Nachteile auf die ich kurz eingehen möchte. Da meine benötigten Mengen als Selbstversorger mittlerweile höher sind als bei einem Hobbygärtner, unterscheidet sich auch die Auswahl an geeigneten Pflanzgefäßen. Als ich angefangen habe reichten ein paar Töpfchen aus Kunststoff und einige DIY Papiertöpfchen, aber mittlerweile ziehe ich hunderte Pflanzen vor und musste meine Methode darauf anpassen um Zeit und Platz zu sparen.
Anzuchttöpfchen aus Zellulose / Papier
Nehmen wir zum Beispiel die kompostierbaren Anzuchttöpfchen die meistens aus Zellulose gefertigt werden, sie sind nachhaltig, aber nicht immer die beste Wahl. Der Vorteil dieser Anzuchttöpfchen besteht darin das man die Pflanzen stressfrei und ohne Beschädigung des Wurzelwerks
auspflanzen kann.
Der Nachteil ist das die meisten Anzuchttöpfchen aus Zellulose gerne mal schimmeln oder so aufweichen das sie zerreißen. Man kann sich aus Zeitungspapier auch selber kleine Töpfchen basteln, dafür nimmt man eine Klopapierrolle und dreht etwas Zeitungspapier drum herum, den unteren Teil drückt man in die untere Öffnung der Klopapierrolle und schon hat man ein Papiertöpfchen. Leider reißen auch die mit der Zeit und es kann sich auch Schimmel bilden. Diese Methode habe ich nur ganz am Anfang genutzt, im zweiten Jahr allerdings wieder verworfen da ich sie als nicht perfekt erachte.
Erdtopfpresse
Eine weitere Methode die ich als sehr nachhaltig erachte ist das pressen von Erdtöpfchen. Für diese Variante gibt es spezielle Pressen mit denen man seine Erdtöpfchen selber pressen kann. Der große Vorteil ist das man keinen Müll produziert. Der Nachteil ist das man diese kleinen Töpfchen sehr eng beisammen stellen muss und in eine Saatschale aneinanderreiht. Durch die Nähe zueinander kann es schnell passieren das die Wurzeln einer stärkeren Pflanze in den Erdtopf der angrenzenden wachsen. Lässt man hingegen zu viel Platz zwischen den Erdtöpfchen trocknet die Erde zu schnell und man muss zu oft gießen. Hat man keine gute Erdmischung gewählt kann es zudem auch sein das die Erdtöpfchen zerbröseln.
Ton oder Kunststofftöpfchen
Eine der gängigsten Methoden ist der Einsatz von Töpfchen, aber auch hier gibt es Vor und Nachteile. Nimmt man nachhaltige Tontöpfchen kommt schnell ordentlich Gewicht zusammen und man wird in seiner Mobilität eingeschränkt, wenn man die Töpfchen mal eben woanders hinstellen möchte. Für kleine Mengen an Jungpflanzen wären Tontöpfe allerdings eine gute Lösung.
Viel häufiger werden allerdings Kunststofftöpfchen verwendet, denn sie sind leicht und zerbrechen nicht so schnell. Wenn man die kleinen Töpfchen über einige Jahre nutzt werden sie allerdings spröde. Dadurch entsteht Mikroplastik den es prinzipiell immer zu reduzieren gilt, wenn man ökologisch arbeiten möchte. Ein weiterer Pluspunkt ist der Preis, kleine Kunststofftöpfchen kosten nicht viel und ehrlich gesagt besteht sogar die Möglichkeit sie kostenlos zu bekommen.
Saatschalen aus recyceltem Kunststoff
Meine absoluten Favoriten sind Saatschalen aus recyceltem Kunststoff, hierbei bevorzuge ich eine ganz bestimmte Marke die sich bei mir sehr gut bewährt hat. Die Schalen halten sehr lange und meine ältesten sind mittlerweile 4 Jahre alt und noch wie neu. Der große Vorteil von Saatschalen ist das man viele Pflanzen auf kleiner Fläche vorziehen kann, der Nachteil ist das man definitiv 1- bis 2-mal umtopfen muss.
Ein weiterer Vorteil sind die Untersetzer für diese Saatschalen, sie ermöglichen das gießen von unten, was zum Beispiel den Befall von Trauermücken reduzieren kann. Ein weiterer Vorteil ist das man die Saatschalen übereinander stapeln kann, das reduziert den Platzbedarf nach der Anzuchtphase. Einige Kulturen wie Ingwer, Kurkuma oder Süßkartoffeln lieben eine hohe Luftfeuchtigkeit, für solche Kulturen gibt es transparente Hauben die man oben draufsetzen kann.
Auswahl der richtigen Anzuchterde
Neben geeigneten Gefäßen benötigt man auch eine gute Erde damit das Anziehen von Jungpflanzen auch frustfrei abläuft. Natürlich kann man im Prinzip jede Erde nehmen, man muss dann aber auch mit Abstrichen und Problemen klarkommen. Eigene Gartenerde
Verwendet man die Erde aus dem eigenen Garten sind oftmals kleine Insekten und Mikroorganismen vorhanden die Wurzeln fressen, oder sogar den Samen zersetzen können. Erde aus dem Garten könnte auch zu viele Nährstoffe enthalten und das Wachstum der Sämlinge erschweren bzw. zu Nichte machen. Bei meinem Lehm-Lößboden kommt erschwerend noch hinzu das die Erde sehr dicht werden kann und einige feine Sämlinge es nicht schaffen die obere Schicht zu durchbrechen. Wer eigene Gartenerde verwendet sollte mit einer schlechteren Erfolgsquote leben können und zudem mit Beikraut rechnen. In der eigenen Gartenerde befinden sich immer Samen von Wildpflanzen, das ist gänzlich unvermeidbar. Durch das spätere rauszupfen könnten auch feine Wurzelhaare des Sämlings beschädigt werden. Spaartipp: Wer nur geringe Mengen Erde benötigt kann die Erde im Backofen bei 90 Grad sterilisieren. Durch das erhitzen werden Samen und Beikräutern, Mikroorganismen wie Pilze sowie etwaige „Schädlinge“ abgetötet. Abgereifter Kompost
Eine wesentlich bessere Erdqualität wäre gut abgereifter und gesiebter Kompost der schon 2 Jahre ruht. Er enthält nicht mehr so viele Nährstoffe und besitzt durch den hohen Humusanteil eine bessere Wasserspeichereigenschaft. Doch auch hier können Samen von Beikräutern und etwaige Pilze überlebt haben und man müsste mit abstrichen rechnen oder wie bei der normalen Gartenerde das sterilisieren im Backofen in Betracht ziehen. Gekaufte Anzuchterde
Ob kleine oder große Voranzucht von Jungpflanzen, gekaufte Anzuchterde ist definitiv eine sinnvolle Anschaffung mit der man seine Erfolgsquote deutlich erhöhen kann, aber auch hier gibt es gewaltige Unterschiede auf die man achten sollte. Nimmt man zu günstige Anzuchterde (Ca. 2 Euro für 20 Liter) muss man damit rechnen das sich viele grobe Stücke, teilweise sogar Rindenstücke enthalten sind. Rückstände von Pestiziden können leider auch in der Anzuchterde stecken. Oftmals haben die günstigen Anzuchterden auch keine Perlite, das sind wasserspeichernde Gesteinskörner aus vulkanischem Ursprung. Schlimmstenfalls enthalten billige Anzuchterden einen hohen Anteil an Plastik und Mikroplastik, leider ist das selbst bei BIO Erde der Fall. Es ist also gar nicht so leicht die perfekte Anzuchterde käuflich zu erwerbe. Am besten testet man sich durch das Angebot der lokalen Land und Gartencenter bis man die richtige Erde gefunden hat. Preisorientierung (Stand 2021) : Eine gute Anzuchterde kostet zwischen 3-5 Euro für 20 Liter und könnte bei 5 Euro auch BIO zertifiziert sein. Sie ist fein gesiebt, frei von groben Teilen und enthält vulkanische Perlite. Sie besticht durch gute Wasserhaltungseigenschaften und einem geringen Nährwert.
Wie ich als Selbstversorger arbeite
Da ich eine recht große Anzahl an Pflanzen vorziehe verwende ich eine Kombination aus mehreren Saatschalen. Diese reichen von 200 Loch für Zwiebeln bis 24 Loch für Zucchini oder Kürbis. Weitere Saatschalen die ich verwende wäre die 54 Loch für Tomaten sowie 96 Loch für Bohnen. Zusätzlich verwende ich noch die klassischen Töpfchen aus Kunststoff die ich schon seit einigen Jahren benutze da einige Kulturen 1-2 Mal umgetopft werden müssen. Als Erde verwende ich professionelle BIO zertifizierte Anzuchterde für die Saatschalen und im späteren Verlauf einen Mix aus eigener Gartenerde, abgereiftem Kompost und einem geringen Teil Anzuchterde für das erste Umtopfen. Das etwaige zweite Umtopfen findet dann mit der Erde statt an der die Pflanze später stehen wird, ich nenne es die Boden-Aklimatisierungsphase. Ich gewöhne die Pflanze an meine Bodenqualität. Insgesamt habe ich für die Saison 2021 sechszehn große Saatschalen und ca. 400 Töpfchen im Einsatz.
Probleme in der Jungpflanzenaufzucht
Es wäre zu schön, wenn die Voranzucht von Jungpflanzen ohne Probleme von statten gehen würde, aber die Realität sieht dann doch manchmal anders aus. Generell habe ich bisher sehr selten Probleme gehabt, das schonmal vorweg. Meine Erfahrungen haben dazu beigetragen grundsätzliche Fehler zu vermeiden. Deswegen teile ich gerne meine Erfahrungen für einige der gängigsten Probleme der Jungpflanzenanzucht. Trauermücken Befall vorbeugen / bekämpfen
Einer der gefährlichsten Probleme der Jungpflanzenanzucht ist die Trauermücke, oder besser gesagt die Larven der Trauermücke. Die kleinen Fliegen sehen ungefährlich aus, lieben feuchten und warmen Boden um dort ihre Eier abzulegen. Die Larven die aus diesen Eiern schlüpfen ernähren sich von feinem Wurzelwerk und können für große Schäden an Jungpflanzen sorgen, wenn die Population der Larven zu groß wird. Oftmals befinden sich Eier der Trauermücke auch in gekaufter Anzuchterde. Um einen Befall der Trauermücke entgegenzuwirken ist es ratsam eine feine Schicht Sand über die Erde zu geben. Trauermücken meiden Sand weil es kein geeigneter Untergrund ist um dort Eier abzulegen und somit reduziert man mit dieser Methode ungemein den möglichen Befall. Ein weiterer Tipp den ich euch geben kann ist es die Töpfchen und Saatschalen auch mal leicht antrocknen zu lassen, damit meine ich die oberste Erdschicht. Bleibt diese immer nass bis feucht ist das ein verlockendes Angebot für Trauermücken. Gelegentliches abtrocknen der Oberfläche macht die Situation für Trauermücken weniger attraktiv. Als letzte sinnvolle Maßnahme empfehle ich das gießen von unten, insbesondere die Saatschalen mit Untersetzer die ich verwende eignen sich hervorragend dafür. Hat man mit den vorbeugenden Maßnahmen zu lange gewartet und die Population von Trauermücken nicht gebremst, bleibt als letzte Bekämpfungsmöglichkeit der Einsatz von Nematoden, die fressen die Larven sowie die Eier der Trauermücke. Nematoden kann man über das Internet bestellen, die Produkte kosten von 5-10 Euro und sind oftmals in Pulverform erhältlich. Zusätzlich hat sich Neemöl als sehr gutes Mittel bewährt um Trauermücken abzuwehren, dafür sollte man BIO Neemöl mit Emulgator verwenden. Das ideale Mischverhältnis liegt bei 5 ml auf 5 Liter Wasser. Das Gemisch kann dann zum gießen verwendet werden oder mittels Drucksprühflasche auf die Anzuchtschalen und Töpfchen verteilen. Ein weitere gut erprobte Methode sind klebende Gelbtafeln, die Farbe lockt sie an und die Trauermücken bleiben dann an der Tafel kleben und verenden. Schimmel Befall vorbeugen
Ein weiteres Problem das man leicht vermeiden kann ist der Schimmelpilz. Er entsteht bevorzugt in zu nassen Töpfchen, die oftmals noch zusätzlich mit Folie oder transparenten luft-undurchlässigen Deckeln abgedeckt werden. Die Sporen von Schimmelpilzen gelangen über die Luft an die Erde, ist diese zu feucht, und die Luftzirkulation zu gering, so nutzt der Schimmelpilz die organische Substanz wie ein Nährboden um sich zu entwickeln. Gelegentliches abtrocknen der Oberfläche entzieht dem Schimmelpilz die Grundlage um sich gut zu entwickeln. Bei Kulturen die über mehrere Wochen in der Voranzucht verweilen, wie zum Beispiel Chili, Paprika oder Tomaten bildet sich auf der oberen Erdschicht mit der Zeit Moos, Flechten oder Pilze. Diese sollten periodisch gestört werden, ich kratze dann mit einem Schaschlikspieß leicht an der Oberfläche und störe die Entwicklung der ungewollten Mikroorganismen. Sobald die Temperaturen es zulassen sollte unbedingt regelmäßig gelüftet werden, das verhindert nicht nur Schimmel, sondern stärkt auch das natürliche Wachstum der Pflanzen und insbesondere des Stängels. Eine gute Luftzirkulation sorgt somit für kompaktere und kräftige Pflanzen. Vergeilen von Tomatenpflanzen vermeiden
Wachsen Tomatenpflanzen in die Länge anstatt kurz und kompakt zu gedeihen, dann spricht man von vergeilen. Der Grund für dieses falsche Wachstum ist fehlendes Licht sowie zu hohe Temperaturen. Das Problem haben in der Regel jene Gärtner die einfach zu früh anfangen oder keine geeigneten Areale haben wo man Jungpflanzen ordentlich vorziehen kann. Eine vergeilte Pflanze ist schwach, wenig Windstabil und oftmals sehr anfällig für Folgeerkrankungen. In der Regel bleibt auch der Ertrag zurück und nicht selten schaffen es diese Pflanzen nicht Mals bis zur Ernte. Vermeiden kann man das Vergeilen von Jungpflanzen nur indem man nicht so früh startet, für ausreichend Licht sorgt und die Temperatur im Auge behält. Während für die Keimphase 20-25 Grad ideal sind, so ist eine Temperatur von 18 Grad ideal für ein kompaktes Wachstum.
Wann sollte ich Umtopfen oder Pikieren?
Eng mit der Jungpflanzenanzucht verbunden ist das pikieren und umtopfen der jungen Sämlinge. Um den genauen Zeitraum zu definieren wann es sinnvoll ist zu pikieren muss man die Pflanze beobachten. Für mich sind zum Beispiel 4 Blätter bei der Paprika oder Physalis das Signal um die Sämlinge von der 54er Schale in kleine Töpfchen umzusetzen. Bei Paprika ist das zwischen 4-6 Wochen der Fall.
Tomaten hingegen sind oftmals nach 14 Tagen bereits soweit das man sie pikieren kann, in 54er Saatschalen kann man sie auch gut 30 Tage wachsen lassen und dann sollte umgetopft werden. Wie generell beim Gärtnern, gibt es auch hier keine Faustregel und die persönlichen Erfahrungswerte müssen trainiert werden um für die Zukunft das nötige Wissen zu haben.
Es ist auch nicht schlimm, wenn mal etwas schief geht, denn dadurch gewinnt man Erfahrungen. Wie in meinem Buch beschrieben ist es sehr wichtig seine persönlichen Erfahrungen mittel Try and Fail auszubauen.
Im Idealfall ist man nach 2 Jahren soweit das man einige Kulturen auch komplett ohne umtopfen oder pikieren von den Saatschalen ins Freiland / Gewächshaus pflanzen kann, weil man Erfahrungen gesammelt hat wie lange die Sämlinge in den engen Saatschalen verweilen können ohne das Mangelerscheinungen auftreten.
Hier nun einige Beispiele mit pikieren und umtopfen sowie einige Beispiele bei denen ich mittel Erfahrungswerte von Anfang an die richtige Saatschale verwendet habe um pikieren und umtopfen zu umgehen und somit Zeit zu sparen.
Beispiele mit genauen Zeitangaben aus der Saison 2020:
Physalis Aussaat 25.02.2020 – gekeimt 07.03.2020 - pikiert & umgetopft 10.04.2020 – ausgepflanzt 25.05.2020 (10 Tage später als die letzten Jahre ausgepflanzt wegen Eisheiligen)
Mangold Aussaat 25.03.2020 – gekeimt 30.03.2020 – pikiert & umgetopft 10.04.2020 – ausgepflanzt ins Freiland 08.05.2020
Tomaten Aussaat 1. Charge 25.03.2020 – gekeimt 30.03.2020 – umgetopft 29.04.2020 – ausgepflanzt ins Freiland 20.05.2020
(siehe 2 Fotos)
Beispiele mit genauen Zeitangaben aus der Saison 2020 (ohne Umtopfen)
Tomaten Aussaat 2. Charge 05.04.2020 / 54er Saatschale – gekeimt 10.04.2020 – ausgepflanzt im Gewächshaus 06.05.2020
Paprika Aussaat 25.02.2020 / 24er Saatschale - gekeimt 10.03.2020 – ausgepflanzt im Gewächshaus 01.05.2020
Aubergine Aussaat 25.02.2020 / 24er Saatschale -gekeimt 12.03.2020 – ausgepflanzt im Gewächshaus 01.05.2020
Wie oft sollte ich gießen?
Es ist eine der Fragen die ich am häufigsten gestellt bekomme und die Antwort darauf ist so simpel das viele oftmals enttäuscht sind. Ich kann euch nicht sagen wie oder mit wieviel Wasser ihr zu gießen habt. Ich kenne weder euren Standort, noch die Luftfeuchtigkeit in eurem Anzuchtraum. Ich weiß nicht was für eine Erde ihr verwendet, ob eine Heizung unter der Fensterbank steht, ob ihr einen Ventilator benutzt. Ich weiß nicht wie viele Stunden die Sonne die Töpfchen erwärmt und das Wasser schneller verdunsten lässt… das alles macht es unmöglich pauschale Aussagen zu treffen wie man am besten gießen sollte. Was ich euch sagen kann ist das weniger oftmals mehr ist, das zu viel Feuchtigkeit für Schimmel, Trauermücken und Samenfäule verantwortlich ist. Die Erde immer nass zu halten ist definitiv falsch, das abtrocknen der oberen Erdschicht ist wichtiger als sie immer nass zu halten. Die eigenen Erfahrungswerte zu schulen ist beim Thema gießen das A und O.
Die Gewöhnungsphase vor dem Auspflanzen
Sobald die Temperaturen im April sympathischer werden beginnt der anstrengende Teil der Jungpflanzenanzucht, das hin und her tragen der Saatschalen. An schönen Tagen trägt man die Saatschalen und Töpfchen nach draußen und akklimatisiert die Jungpflanzen an Wind und direkte Sonneneinstrahlung.
Diese Prozedur ist unheimlich wichtig um die Pflanzen auf das Auspflanzen vorzubereiten. Kulturen die weniger Kälte empfindlich sind können zu dieser Zeit bereits permanent im Gewächshaus übernachten. Die sensiblen Jungpflanzen wie Aubergine, Tomate, Physalis oder Paprika müssen allerdings jede Nacht wieder rein geholt werden insofern die Temperaturen noch zu niedrig sind.
Mit nächtlichen Temperaturen um 5 Grad kommen Auberginen oder Tomaten noch gut klar im Gewächshaus, aber besser sind Temperaturen von ca. 10 Grad in der Nacht. Wenn Tomaten kalt ist dann zeigen sie das in der Regel am Laub, es bekommt lila Verfärbungen, das ist sozusagen der Einschuss von pflanzeneigenem Frostschutzmittel.
Es ist indirekt auch ein Warnsignal das die Temperaturen am Limit sind und die Pflanze sich davor schützen möchte. Eine gute Akklimatisierungsphase benötigt ca. 14 Tage und ist abhängig von den Wetterbedingungen. In den letzten Tagen der Akklimatisierungsphase werden die Pflanzen auch an die nächtlichen Temperaturen gewöhnt, dafür ist ein Gewächshaus sehr nützlich. Die Akklimatisierung an Nachttemperaturen dauert bei mir in der Regel 4 Nächte. Verlaufen die Nächte gut so steht einem Auspflanzen nichts mehr im Wege.
Schlusswort
Ich hoffe euch mit meinem Artikel über die Anzucht von Jungpflanzen ohne Kunstlicht einige nützliche Informationen geliefert zu haben um eure eigene Anzucht optimieren zu können. Noch mehr freue ich mich natürlich über Junggärtner die ich damit motivieren kann ihre eigene Anzucht zu starten anstatt fertige Pflanzen zu kaufen. Ich wünsche euch viel Erfolg, eine tolle Gartensaison 2021 und solltet ihr noch Fragen haben nutzt bitte die Kommentarfunktion.
Auf der Suche nach Saatgut?
Die Don Giardino Saatgut Manufaktur im ländlichen Korschenbroich (NRW) ist ein landwirtschaftlicher Betrieb, der sich für den Erhalt alter samenfester Sorten, neuer Tomatenzüchtungen, sowie um die Förderung der Artenvielfalt engagiert.
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