Während meiner vergangenen Jahre als effektiver Selbstversorger erhielt das Wort Nachhaltigkeit für mich eine immer größere Bedeutung. Es fing alles damit an das wir bereits im ersten Jahr bemerkten das der Anbau von Gemüse auch unsern Müllberg immer kleiner werden ließ. Die braune Tonne haben wir nie gebraucht, weil ich alles in meinem Garten kompostiere. Auch schwer kompostierbares Schnittgut wird auf einem sogenannten Langzeitkomposthaufen bei mir zu feinster Erde verarbeitet oder als Füllmaterial für zukünftige Hochbeete auf einem Totholzhaufen gesammelt, den die Insekten übrigens sehr gerne besuchen.
Müll reduzieren: In den letzten Jahren vereinnahmte das Thema Plastikmüll und Nachhaltigkeit regelrecht die sozialen Netzwerke und auch die gängigen Medien. Bilder von riesigen Müllbergen auf einsamen Inseln in Asien drehten die Runde, Bilder von sterbenden Meereslebewesen die durch Plastik im Magen verendet sind alarmierten die Menschen und sorgten dafür das Begriffe wie Zerowaste und Nachhaltigkeit immer populärer wurden. Der kleine Ring bei Schraubverschlüssen aus Plastik ist für viele Vögel eine tödliche Falle, legt er sich um den Schnabel so verhungern die Tiere meistens qualvoll. Wir entschlossen uns nur noch Flaschen aus Glas zu kaufen und etwaige Ringe immer durchzutrennen bevor wir diese im Müll entsorgten. Später ersetzte ich die Wasserflaschen aus Glas mit einem Auftischfilter am Spülbecken. Alle 6 Monate muss ein Nanofilter mit Aktivkohle ausgetauscht werden - mehr nicht, das spart sehr viel Müll.
Zu dieser Zeit fing ich an immer mehr in meinem Leben zu verändern, und ich bemerkte das jede Menge noch verbessert werden könnte. Ich hatte Gießkannen aus Plastik, als diese kaputt waren (die halten bei mir keine 2 Jahre) ersetzte ich sie durch Gießkannen aus Metall. Die Plastikeimer, auch Mörteleimer genannt, empfand ich im Garten immer als sehr praktisch, aber auch diese wurden nach und nach durch Metalleimer oder Weidekörbe ersetzt, nur für meine Kräuterjauchen sind 2 große Mörtelwannen übrig geblieben, denn in Metallbehältnissen können chemische Reaktionen den Gärungsprozess negativ beeinflussen. Gartenwerkzeug mit Plastikgriffen wurden durch Gartenwerkzeuge mit Holz oder Metallgriff ausgetauscht. Gartenschuhe mit Plastiksole wurden durch Gartenschuhe mit Naturkautschuk ersetzt. Dabei bin ich recht pragmatisch vorgegangen. Solange ich den Gegenstand noch verwerten konnte habe ich dies getan, Müll entsteht nämlich erst dann, wenn man etwas wegschmeißt. Ich war geduldig und wartete immer bis ein Gegenstand unbrauchbar war, und erst dann ersetzte ich diesen durch ein Produkt mit längerer Haltbarkeit. Natürlich waren diese Gegenstände alle teurer, statt 2 Euro für den Plastikeimer kostete der aus Metall 10 Euro, aber das war es mir wert! Auf lange Zeit gesehen rentiert sich das hochwertige Material definitiv mit den Jahren. Eine Metallgießkanne oder ein Eimer hält in der Regel Jahrzehnte.
Nahrungsmittel vollständig verwerten: Ein weiteres Beispiel wie man immer weiter in die Welt der Nachhaltigkeit eintauchen kann ist der Kürbis. Klingt komisch oder? Aber lest mal weiter :-). Als vierköpfige Familie reicht meistens ein Kürbis von 1,5-2,5 Kg locker aus. Ich baue gerne den Hokkaido an, in ihm befinden sich Kürbiskerne die so groß sind das es sich lohnt diese zu trocknen. Bei meiner zweiten bevorzugten Kürbissorte, dem Butternut, sind die Kerne leider zu klein und es befinden sich generell nicht sonderlich viele Kerne in dieser Kürbissorte. Leider war die Menge an Kernen die ich aus einem Hokkaidokürbis holen konnte so gering das ich ein schlechtes Gewissen hatte dafür extra den Backofen anzuheizen. So landeten sie zu Beginn auf dem Komposthaufen. Ich experimentierte herum mit klassischer Lufttrocknung auf einem Blech. Manchmal bildete sich Schimmel und ich musste alle entsorgen und manchmal blieb die Schale der Kerne elastisch, wodurch sie sich nicht gut aufknacken ließen. Dann kam ich auf die Idee, Salz als Konservierungsmittel zu nutzen. Ich wusch die Kerne, nahm einen Teelöffel Salz und streute diesen auf die noch feuchten Kerne. Das Salz löste sich auf und legte sich durch das umrühren auf der Oberfläche der Kerne ab. Die mit Salz benetzten Kerne legte ich dann schön verteilt auf einem gelochten Blech aus und stellte dieses auf den Backofen für 14 Tage. Das Salz entzog der Kürbiskernschale den Wassergehalt und konservierte diese. Die Schale war zudem knackig und nicht mehr so weich. Ich hatte also einen Weg gefunden die Kürbiskerne zu verwerten ohne für diese geringen Mengen einen Trocknungsprozess im Dörrautomat oder Backofen zu tätigen. Aus einem durchschnittlichen Hokkaidokürbis mit 1,5 Kg Gewicht gewinne ich mit meiner Methode 100 Gramm getrocknete Kürbiskerne. Die trockenen Kürbiskerne kommen nach 14 Tagen in ein großes Bügelglas. In der Gesamtmenge erhalte ich damit zwischen 3-5 Kg getrocknete Kürbiskerne auf ca. 100 Kg Kürbisse, die ich jede Saison ernte. Mittlerweile kann ich Euch auch etwas zur Haltbarkeit sagen, zwei Jahre halten die locker.
Wasser sparen: In heißen Sommermonaten benötigt so ein großer Selbstversorgergarten wie meiner recht viel Wasser. Im ersten Jahr (2017) arbeitete ich mit 4 Regentonnen + einem 750 Liter Sammelbecken, da fiel der Regen noch regelmäßig und generell war es ein recht regnerisches Jahr bei mir. Im zweiten Gartenjahr 2018 blieb der Regen schon im Frühjahr aus, die Regentonnen waren im Mai bereits alle leer und der Nachschub kam sehr selten, und wenn er kam dann nur in kurzen starken Schauern. Ich musste mit Trinkwasser gießen damit meine Pflanzen nicht vertrockneten, das sollte mir nie wieder passieren. Um den kurzen Schauer besser ausnutzen zu können baute ich mir ein 3x5 Meter Carport mit durchsichtigem Dach in den Garten. Zum einen um meine Regentonnen schneller auffüllen zu können und zum anderen um meinen Tomatenanbau weiter auszubauen. Die Rechnung ging voll auf, ich konnte richtig gut und viel Wasser sammeln. Es wurde so viel das ich 2020 direkt hinter dem Carport einen Naturteich und einen Molchtümpel anlegen konnte. Waren die Tonnen voll so ging das Wasser in den Teich und von dort in den Molch Tümpel. Das Modell funktionierte so gut das ich 2021 den Carport erweitert habe auf 6x5 Meter, das garantierte mir ausreichend Wasser um auch für den Teich eine Wasserreserve für Trockenperioden zu haben. Der Naturteich und Molchtümpel entwickelten sich nebenbei zu wahren Oasen der Artenvielfalt. Wasser ist ein Quell des Lebens, neben Amphibien wie dem Molch und diversen Fröschen siedelten sich auch immer mehr Insekten an, und auch die Vogelpopulation wuchs von Jahr zu Jahr. Mit dem Teich musste ich dann auch kaum noch Wasserschalen für die Vögel aufstellen, die Vögel lernten wo sie bei mir immer Wasser finden können.
Ich könnte Euch noch viele weitere Beispiele auflisten wie sich mein Leben immer nachhaltiger gestaltet hat, und wie aus einer Idee die nächste entsprungen ist. Wer anfängt wirklich über Nachhaltigkeit nachzudenken bringt einen Stein ins Rollen, der bestenfalls nicht mehr aufzuhalten ist. Man sieht auf einmal überall Optimierungspotential, das ist unglaublich! Es vergeht kein Tag an dem ich nicht etwas finde das man noch besser und nachhaltiger gestalten kann. Die Selbstversorgung an sich ist ein wahrer Motor der Nachhaltigkeit: Mittlerweile stelle ich meine eigenen Teemischungen her, meine eigene Seife, Tinkturen und Salben, Saucen, Süßigkeiten, Ketchup, Marmeladen, Zaunelemente aus Weide und vieles mehr.
"Nachhaltigkeit ist wie ein Computerspiel, man will immer besser werden"
Es geht also nicht nur um Gemüseanbau in der Selbstversorgung. Nein man will immer mehr selber herstellen und merkt, dass fast alles um Längen besser schmeckt als die gekauften Produkte die wenig Geschmack für teures Geld anzubieten haben. Wer auf dem Pfad der Nachhaltigkeit wandert wird schnell feststellen das man irgendwann jeden Kauf zweimal überlegt, unnötige Anschaffungen werden immer weniger und generell verringert sich der allgemeine Konsum. Die Selbstversorgung ist somit für mich eine enorme Quelle um wirklich ein nachhaltiges Leben zu führen. Man konfrontiert sich immer mehr mit dem, was man im Leben wirklich braucht. Und glaubt mir, hart auf hart sind es nicht viele Dinge die man zum Überleben benötigt. Wasser und Nahrung stehen hier sehr weit oben, auf viele andere Dinge kann man im Prinzip getrost verzichten, und das mache ich nun seit 2016 mit großer Freude.
Komen